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50 JAHRE LC MÜNCHEN SOLLN

Festvortrag von Dr. Jakob Reinhardt

Der Lions Club München Solln in einer sich verändernden Gesellschaft

 
Natürlich ist da die lionistische Idee, die vor beinahe 100 Jahren formuliert wurde und seither nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat, die uns vor 50 Jahren zusammengeführt hat. Aber eine Idee allein genügt eben  nicht, wenn sie nicht umgesetzt und mit Leben erfüllt wird. Wir erleben das z.Zt. leidvoll am Beispiel der Europäischen Union.
 
Die Persönlichkeiten, die sich vor 50 Jahren entschlossen haben den LC Mü. Solln zu gründen, gehörten einer Gesellschaft an, die sich sehr von unserer heutigen Gesellschaft unterschied.

Ihre Lebensläufe (Viten) waren geprägt von der Diktatur des Hitlerregimes und insbesondere vom 2.Weltkrieg. Sie gehörten einer Gesellschaft an, die teilweise geprägt war von einer militärischen Vergangenheit in der Deutschen Wehrmacht, während andere bemüht waren, ihre einstige Sympathie mit dem Nationalsozialismus zu rechtfertigen.

Alle aber hatten damals eins gemeinsam:

  • Sie litten unter der Niederlage und der damit einhergehenden internationalen Isolation und Bedeutungslosigkeit Deutschlands und

  • Alle waren sie damit beschäftigt gewesen, eine Existenz für sich und ihre Familien aufzubauen und einen Platz zu finden in der sich neu formierenden Gesellschaft.

In dieser Zeit hatte die Zugehörigkeit zu einer internationalen Organisation eine ganz andere Bedeutung als heutzutage. Das wirkte sich naturgemäß  auf das Clubleben der damaligen Zeit aus.

Gemeinsame Reisen über die Grenzen hinaus, ins Engadin, nach Süd Tirol, oder nach Oberösterreich gehörten zu damaliger Zeit, in der der private PKW noch lange nicht selbstverständlich war, zu den Highlights des Clublebens und boten zugleich auch die Möglichkeit zu internationalen Kontakten auf Augenhöhe.

Das Clubleben wurde überwiegend autoritär vom jeweiligen Präsidenten geprägt  und auf dem Hintergrund der zerstörten Städte unseres Landes stand häufig das in unseren lionistischen Zielen verankerte kulturelle Engagement in Form einer Beteiligung an prestigeträchtigen, kulturellen Wiederaufbauprojekten von Kathedralen und Opernhäusern im Vordergrund.

In der allgemeinen Aufbruchstimmung störte das Engagement der 68 er, die eine Aufarbeitung der Vergangenheit forderten. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass es in der sich neu bildenden Gesellschaft auch Verlierer gab, die vom allgemeinen Aufschwung ausgeschlossen waren.

Dabei war es einem glücklichen Umstand zu verdanken, dass in dieser Zeit eine Persönlichkeit in den Reihen des LC Mü. Solln war, die diese Anzeichen wahrnahm und die bereit war, das Amt des Activitybeauftragten zu übernehmen.

Unser unvergessener LF Heinz Hoffritz hat sich über viele Jahre vehement für eine Activitystrategie eingesetzt, die sich  an den Bedürfnissen in unserem unmittelbaren Umfeld orientierte und gleichzeitig für eine sinnvolle Unterstützung in Not geratener Menschen im Ausland warb.

In Zusammenarbeit mit dem LC Swakopmund/Namibia konnte durch eine von Heinz Hoffritz angeregte Langzeitactivity eine einfache Seniorensiedlung für in Namibia ansässige ehemals deutsche Siedler, die auf Grund der politischen Entwicklung in Not geraten waren, aufgebaut werden.

Nicht mehr benötigte Krankenhausbetten und andere Einrichtungsgegenstände, die durch das  Wirtschaftswunder in unserem Land ausgemustert wurden, wurden eingesammelt und in Containern nach Namibia gebracht. Mit unserer Unterstützung wurde eine Zentralküche eingerichtet, in der unter der Regie der Ehefrauen der Mitglieder täglich eine preiswerte Mahlzeit für die Bewohner zubereitet wurde.

Symptomatisch für die damalige Zeit war die Reaktion von Heinz Hoffritz auf eine Erdbebenkatastrophe im Friul/Italien. Zusammen mit seinem Sohn fuhr er ganz spontan in einem gemieteten VW Bus in das Katastrophengebiet, um die mitgebrachte warme Kleidung, Decken und Lebensmitteln persönlich zu verteilen.

Aktuell engagiert sich der Lions Club Mü. Solln bereits seit mehreren Jahren sehr erfolgreich  für die Ärmsten der Armen in unserem Land durch die Beschaffung von Kühlfahrzeugen für die "Tafeln".

Die Idee dazu hatte ein ehemaliges Mitglied unseres Clubs. Aber erst durch den unermüdlichen Einsatz unseres derzeitigen Activitybeauftragten Roland Schütz ist es dazu gekommen, dass  diese geniale Idee umgesetzt und dauerhaft im Bewusstsein unseres Clubs lebendig geblieben ist.

Schließlich ist es mit Unterstützung der Stiftung LIVE gelungen, distriktübergreifend eine Vielzahl von Clubs für dieses Konzept zu begeistern und so konnten inzwischen im Verlauf von 12 Jahren knapp 400 Fahrzeuge im Wert von 18 Mio. den Tafeln deutschlandweit übergeben werden.

Konfrontiert mit der Situation in Kindertagesstätten in sozial schwachen Regionen Münchens entwickelte unser Club ein großzügiges Engagement für die Bildung und Erziehung von Kindern in Form einer dauerhaften Unterstützung der Montessori Kindergärten und Kinderkrippen des gemeinnützig tätigen Vereins Munich Child. Neben der intellektuellen Frühförderung zur Vorbereitung auf Schule und Beruf werden diese Kinder, die einst die Gesellschaft von morgen bilden werden, auch mit den Werten unserer Gesellschaft vertraut gemacht.

Einer eher zufälligen Begegnung ist die seit nunmehr 20 Jahren bestehende Freundschaft mit unseren ungarischen Lionsfreunden in Kecskemét zu verdanken. Seit dieser Zeit verbindet unsere beiden Clubs über die Grenzen hinweg eine enge Freundschaft und eine gemeinsame Activity  zu Gunsten von bedürftigen Menschen im Umfeld von Kecskemét.

Mit Hilfe dieser unmittelbaren Kontakte erfahren wir unabhängig von den offiziellen Berichten, mit denen wir tagtäglich durch Politiker und Medien informiert werden, was die Menschen in diesem europäischen Nachbarland wirklich bewegt. Wir lernen ihre Ängste und Nöte kennen und beginnen ihre Reaktionen zu verstehen.

Durch unsere jährlichen durchgeführten Kleiderspenden gelangten inzwischen viele Tonnen an Bekleidung an den alljährlich vom LC Kecskemét durchgeführten vorweihnachtlichen Kleidermarkt und werden dort an Bedürftige weitergeleitet.

Unsere gemeinsame Zugehörigkeit zu der weltweiten Organisation von Lions Clubs International bietet uns heute die Chance, Missverständnisse zu verhindern, nationalen Egoismen und extrem "Rechtem Gedankengut" entgegenzuwirken.
 
An einem Festabend wie heute, könnte man noch von vielem Erinnernswertem berichten, das sich im Lauf der 50 Jahre in diesem Club ereignet hat. Es ergäben sich daraus möglicher Weise eindrucksvolle Zahlen, die nicht zuletzt auch  durch die großzügige finanzielle Unterstützung einzelner Mitglieder  zustande gekommen sind.

Und ich nehme gerne die Gelegenheit wahr, um am heutigen Abend diesen Mitgliedern besonders herzlich für ihre großzügige Hilfsbereitschaft zu danken.

Wie in der Medizin die Reaktion eines Organismus auf äußere Einflüsse als ein wichtiger Hinweis auf vorhandenes Leben gilt, so könnte man in der Bereitschaft und in der  Fähigkeit  einer Gemeinschaft, auf gesellschaftliche und soziale Veränderungen  zu reagieren, ein Zeichen für ihre Vitalität sehen. Für uns Lions bedeutet das, dass es offensichtlich nicht so sehr die gesellschaftlichen Verhältnisse sind, welche die Entwicklung eines Clubs beeinflussen, sondern  dass es darauf ankommt, ob und wie ein Club auf diese Veränderungen reagiert.

Dieser Club, der Lions Club Mü. Solln, hat die aktuellen  Probleme einer sich verändernden Gesellschaft eben nicht nur diskutiert, sondern war auch immer wieder bereit, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten und als Mitglied einer weltweit operierenden Hilfsorganisation für die Lösung der Probleme einzusetzen.

Vielleicht ist dieser clubinterne Konsens , die wesentliche Ursache für den Zusammenhalt dieses Clubs in den zurückliegenden 50 Jahren.

Auch die gegenwärtig weltweit stattfindenden gewaltsamen Auseinandersetzungen werden unweigerlich zu gesellschaftlichen Veränderungen in unserem Land führen.

Was sind ihre Ursachen und wie sollen wir damit umgehen?

Die derzeit stattfindenden weltweiten Veränderungen sind in der Regel mit gewaltsamen Auseinandersetzungen verbunden, die zu verheerenden Auswirkungen für die betroffene Bevölkerung führen.
 
Sie werden ausgelöst

  • durch einen rücksichtslosen Verteilungskampf um Lebensmittel und Wasser.
  • durch Auseinandersetzungen um den Besitz von Bodenschätzen,
  • durch autoritäre und korrupte Herrscher,
  • durch eine zunehmend brutal ausgetragene Konfrontation unterschiedlicher Glaubens-richtungen in der islamischen Welt,

Sie haben ihre Ursache aber auch

  • in der Abkehr von bisher geltenden Wertvorstellungen und,

Sie werden begünstigt

  • durch eine weltweite moderne, digitale Nachrichtenübermittlung, wodurch das bestehende zivilisatorische und wirtschaftliche Gefälle zwischen einzelnen Nationen und Kontinenten für alle noch so entlegenen Gegenden erkennbar wird.

In der Folge flüchten, ähnlich wie zu Zeiten der Völkerwanderung im 3. und 4.Jahrhundert,  ganze Volksgruppen vor Terror, Krieg, Verfolgung, Armut und Chaos.

Geprägt von ihrer Religion und ihrer Kultur treffen sie auf der Suche nach besseren Lebensverhältnissen auf fortschrittliche Gesellschaften, deren Werte sich im Verlaufe von über 2000 Jahren auf der Basis der christlich-abendländischen Kultur entwickelt haben.

Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen hat seit jeher zu gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen geführt. So wird auch die Integration von vielen 100 000 Menschen unweigerlich zu einer Veränderung der derzeitigen Gesellschaft in unserem Land führen.
 
Natürlich waren gesellschaftliche Veränderungen schon immer regelmäßiger Bestandteil der Menschheitsgeschichte und im Verlauf der europäischen Geschichte waren viele, oft auch schmerzhafte Veränderungen notwendig um die gesellschaftlichen Normen zu entwickeln, mit denen wir heute leben.

Veränderungen sind durchaus auch notwendig,

  • um neuen Ideen Platz zu machen,
  • um das Zusammenleben auf dieser Welt den sich ständig verändernden Lebensbedingungen anzupassen und
  • um einer neuen Generation die Möglichkeit zu bieten, ihre Vorstellungen umzusetzen.

Entscheidend dabei ist, wie wir mit diesen Veränderungen umgehen und ob es uns gelingt, dass unsere Wertvorstellungen und unsere Rechtsordnung, wie wir sie in unserm Grundgesetz festgeschrieben haben, von den Menschen, die bei uns dauerhaft Zuflucht suchen, respektiert werden.

Der ehemalige britische Premierminister Harold Macmillan hat einmal gesagt: Die Vergangenheit soll ein Sprungbrett sein und nicht ein Sofa.

So sollten wir uns als Teil dieser Gesellschaft und als Mitglieder einer internationalen Hilfsorganisation darauf einstellen,

  • in den vor uns liegenden Jahren diejenigen in unserem Land und weltweit zu unterstützen, die unter Armut und  Hunger leiden.
  • Verantwortung für diejenigen zu übernehmen die vor Krieg, Verfolgung und Chaos aus ihrem Land geflohen sind und in unserem Land eine neue Heimat suchen
  • wir werden - wie bereits in der Vergangenheit geschehen - in den Ländern der 3.Welt vermehrt mit dem Ausbau einer medizinischen Versorgung und von Schulen Bedingungen schaffen müssen, die einen Verbleib dieser Menschen in ihrer Heimat und ihrem Kulturkreis ermöglichen.
  • wir werden uns aber auch einsetzen müssen für die Erziehung und  Bildung von Kindern aus sozial schwachen Familien in unserem eigenen Land, um ihnen die Eingliederung in unsere Gesellschaft zu ermöglichen und um das Entstehen radikaler Randgruppen  zu verhindern.
  • wir werden dafür sorgen müssen, dass die bei uns geltenden gesellschaftlichen Regeln und Wertvorstellungen von den Menschen respektiert werden, die in unserem Land  dauerhaft bleiben, damit die von unseren Vorfahren mühsam aufgebaute Gesellschaftsordnung erhalten bleibt.
  • Aber letztendlich wird es von unserer Bereitschaft abhängen, selbst nach diesen
  • Wertvorstellungen zu leben, um glaubwürdig zu sein.

Deshalb ist es wichtig, dass sich in einem Club sowie auch im Distrikt immer wieder Persönlichkeiten finden, die offen sind für neue Ideen und die bereit sind durch ihre Überzeugungsarbeit zu motivieren.

Die zukünftige Entwicklung unseres Clubs wird ganz wesentlich davon abhängen, ob es uns gelingt, ein Klima zu schaffen,

  • das offen ist für neue Ideen,
  • in dem sich neue Inspirationen entfalten können,
  • in dem sich neue Mitglieder wohlfühlen und
  • in dem die Probleme unserer Zeit nicht nur diskutiert werden, sondern auch die Bereitschaft besteht, zur Lösung dieser Probleme aktiv beizutragen.

Abschließend wünsche ich dem Jubilar zu seinem 50. Geburtstag, dass sich auch in Zukunft Persönlichkeiten in seinen Reihen finden, die bereit sind, sich für diesen Club und seine  Ziele einzusetzen und dass wir weiterhin im freundschaftlichen Miteinander nach Antworten suchen auf die Herausforderung einer sich immer wieder neu formierenden Gesellschaft.


 
 
 
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